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2017

7. September 2017 (Aktualisiert: 27. August 2018)

„Blue Marble“

Die Erde im Visier

Unter Anhängern des Flache-Erde-Mythos ist es ein unum­stöß­liches Dogma, daß die NASA bei allem, was sie sagt und tut, stets nur lügt und betrügt. Daher nimmt es nicht wunder, wenn von der NASA veröffent­lichte Bilder der Erde genauestens analysiert werden, um den ver­meint­lichen Betrug zu entlarven. Aber ein Werkzeug ist stets nur so gut wie die Hand, die es führt.

Die NASA als personifizierte Lüge ist gewisser­maßen eines der konsti­tuieren­den Merkmale der Flache-Erde-Verschwörungs­theorie. Per Definition ist festgelegt, daß alles Material gefälscht ist, da „Die Wahrheit“ vertuscht werden soll. Was genau diese „Wahrheit“ sein soll, weiß zwar keiner, aber daß es so ist, da sind die Flacherdler sich ganz sicher. Und wenn die existierenden Fakten nicht ausreichen für eine Anklage, dann werden bekannter­maßen auch gerne mal eigene „Wahrheiten“ erfunden.

Doch auch reale Tatsachen werden von den „Wahrheits­suchern“ gerne zu ihren Gunsten verdreht und verbogen, um das von vornherein feststehende Ergebnis – NASA böse! – zu erzielen. In Kombination mit der eigenen Unwissenheit bzw. Inkompetenz ist man sich dann stets aufs Neue wieder ganz schnell sicher und triumphiert, die NASA abermals beim Lügen ertappt zu haben.

Acht falsche Murmeln?

größeres Bild Fälschungen oder echt?

Fast schon ein Klassiker in diesen subfontanell nur sehr spärlich möblierten Kreisen ist eine Collage von acht über die Jahrzehnte hinweg von der NASA veröffent­lichten „Blue Marbles“, also Ansichten der kompletten Erde. Die deutlich sichtbaren Unterschiede in den Farben und zum Teil gar den Größen der Kontinente sind für Flacherdler der unum­stöß­liche Beweis, daß hier etwas faul ist.

Ungeachtet der Tatsache, daß man sich fragen könnte, warum die NASA und zudem auch alle anderen Raum­fahrt­organi­sationen weltweit über all die Jahrzehnte hinweg immer wieder dieselben Fehler begehen sollten – und ausgerechnet Mamis Liebling deckt am heimischen Familien-PC diesen gigantischen Betrug auf –, zeigt sich gerade hier abermals die völlige Unfähigkeit der Flach­gläubigen zu eigener Recherche und selbständi­gem Denken. Nicht einmal ansatzweise sind die selbst­ernannten „Aufge­weckten“ dazu fähig, das zu tun, was sie von allen anderen Leuten, verächtlich „Schlafschafe“ genannt, verlangen, nämlich Dinge zu überprüfen und nach­zu­forschen. Daß eine Aufnahme aus dem Jahr 1972 mal eben ins Jahr 1975 wegdatiert wird, ist dabei nur das dekorative Blümchen auf dem Schuttberg der Inkompetenz.

Fakt ist, daß zu jedem einzelnen der acht „Blue Marbles“ öffentlich und ausführlich dokumentiert ist, wann, wo und unter welchen Umständen das Bild entstanden ist. Tatsächlich sind nur zwei der Bilder „echte“ Fotos in dem Sinne, daß sie mit einer einzelnen Kamera­einstellung geschossen wurden. Alle anderen sind Kompositionen, oft genug aus Daten unterschiedlicher Satelliten und zudem meist aus zahlreichen Einzelbildern zusammengesetzt. Das ist auch gar nicht anders möglich, wenn der Satellit nicht weit genug von der Erde entfernt ist, um diese komplett ins Bild zu bekommen. Des Weiteren hatten viele der Bilder einen wissen­schaft­lichen Zweck zu erfüllen und dienten nicht nur der Volks­belus­tigung.

Acht echte Murmeln!

Hier ist eine kurze Übersicht über die acht „Blue Marbles“ und ihre Entstehung. Alle Informationen dazu sind öffentlich verfügbar und entsprechend verlinkt.

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1972, 16. April
Foto: Apollo 16
https://spaceflight.nasa.gov/gallery/images/apollo/apollo16/html/as16-118-18885.html

Eine Aufnahme von Apollo 16 auf dem Weg zum Mond, geschossen ca. 1,5 Stunden nach Verlassen des niedrigen Erdorbits.

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2015, 6. Juli
Foto: EPIC/DSCOVR
https://www.nasa.gov/image-feature/nasa-captures-epic-earth-image

Das Deep Space Climate Observatory (DSCOVR) befindet sich in ca. 1,5 Mio Kilometern Entfernung von der Erde am Lagrange-Punkt L1 und umkreist daher synchron mit der Erde die Sonne. Die Enhanced Polychromatic Imaging Camera (EPIC) an Bord des Satelliten hat die gesamte beleuchtete Erd­ober­fläche im Blick.

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2007, August
Komposit/Projektion: GOES-12, NASA „Blue Marble“-Kollektion
https://earthobservatory.nasa.gov/IOTD/view.php?id=7974

Diese Kombination aus früheren „Blue Marble“-Bilddaten sowie Daten des geostationären NOAA-Wettersatelliten GOES-12 vom 20. August 2007 zeigt den Hurrikan „Dean“ beim Erreichen der Yucatán-Halbinsel.

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1997, September & Oktober
Komposit/Projektion: GOES, SeaWiFS, AVHRR
https://visibleearth.nasa.gov/view.php?id=54388

Die Daten etlicher Satelliten flossen in dieser zum Teil auch künstlerisch inspirierten Darstellung zusammen, darunter Wetter- und Ozeandaten. Das Haupt­augen­merk lag vor allem auf der Visualisierung unter­schied­licher Vegetations­grade sowie einer deutlichen Hervorhebung von Höhen­verhält­nis­sen. Hierfür wurden reale Höhendaten 50-fach verstärkt und durch entsprechend berechnete Schattierungen ergänzt. In den Bereich künstlerischer Freiheit fällt das Einfügen des Mondes.

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2007
Komposit/Projektion: Terra MODIS, Aqua MODIS, DMSP, Space Shuttle
https://earthobservatory.nasa.gov/IOTD/view.php?id=8108

Eine rein künstlerische Darstellung in zwei Bildern (östliche und westliche Hemisphäre), basierend auf Daten und Aufnahmen aus mehreren Jahrzehnten, zeigt die Schönheit und die zahlreichen Facetten unseres Heimat­planeten:

“A day’s clouds. The shape and texture of the land. The living ocean. City lights as a beacon of human presence across the globe. This amazingly beautiful view of Earth from space is a fusion of science and art […]”

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2013, 1. August
Komposit/Projektion: Suomi NPP
https://visibleearth.nasa.gov/view.php?id=81864

Um ein Verständnis dafür zu bekommen, welch gewaltige Massen an Sand und Staub aus den Wüsten Afrikas über den Atlantischen Ozean transportiert werden, braucht es den Blick aus dem All. Der Suomi NPP-Satellit umkreist die Erde in 824 km Höhe. Aus sieben Orbits entstand diese Projektion in Echtfarben.

Die vertikalen Streifen im Bild sind „Sonnenglanz“ (frei übersetzt aus dem englischen „Sunglint“), also Sonnenlicht, welches von den Ozeanen reflektiert wurde und beim Überflug des Satelliten direkt in den Sensor der Kamera fiel.

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2012, 4. Januar
Komposit/Projektion: Suomi NPP
https://www.nasa.gov/multimedia/imagegallery/image_feature_2159.html

Auch dieses Bild ist eine Komposition und somit Projektion von Aufnahmen aus mehreren Umläufen des Suomi NPP-Satelliten.

Die im Vergleich zu anderen Aufnahmen deutlich unter­schied­liche Größe des nord­ameri­kani­schen Kontinents ergibt sich durch die bei der Projektion verwendeten Parameter der virtuellen Kamera wie Brennweite und Abstand zur Erde – je näher sich die Kamera am Objekt befindet, desto weniger ist von dessen Oberfläche zu sehen. Das ist ein einfacher foto­grafischer Sachverhalt und entgegen anders­lautender Behaup­tungen seitens der Flacherdler kein Beweis für eine angebliche Fälschung.

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2002
Komposit/Projektion: Terra MODIS, AVHRR, DMSP u. a.
https://visibleearth.nasa.gov/view.php?id=57723

Der berühmte „Blue Marble“ von 2002 – das Lieblings­objekt der Verschwörungs­theo­retiker und selbst­ernannten „Wahrheits­sucher“. Doch auch dieses Bild ist eine rein künstlerisch inspirierte Darstellung und erhebt gar nicht den Anspruch, ein echtes Foto zu sein. Daten aus unter­schied­lichen Quellen wurden optisch möglichst ansprechend, aber dennoch realitäts­nah miteinander kombiniert, sich ergebende Lücken z. B. in Wolken­daten nachträglich „aufgefüllt“.

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